Die
Eroberung der Finsternis
Teil 5: Von Rettern und Geretteten
Das Lurgrotten-Drama enthält bereits alle Ingredienzien, an denen
die Öffentlichkeit immer wieder Freude hat.
Phase 1:
die Nachricht, daß Höhlenforscher in der Klemme stecken,
erreicht Polizei und Hilfsorganisationen, die daraufhin freudig erregt
in Aktion treten und sich in großer Zahl an den Höhleneingang
begeben. Dort können sie zwar wenig ausrichten, sind aber präsent
und wichtig.
Phase 2:
das Publikum nimmt regen Anteil am ungewissen Schicksal der todesmutigen
Forscher, die sich im Dienste der Wissenschaft in die "Unterwelt" begeben
haben (Odysseus kam ja wieder raus, aber der war ja auch ein Übermensch).
Phase 3:
die Medien geben sich große Mühe, die Neugierde der Leute
mit irgendwelchen Informationen zu befriedigen. Da eine Vor-Ort-Berichterstattung
meistens nicht möglich ist (denn wenn der Reporter reinkönnte,
könnte der Eingeschlossene ja auch raus) wird viel spekuliert und
fabuliert. Macht nichts, die Leute lesens trotzdem gern.
Phase 4:
gute Ratschläge laufen ein. Hilfswillige und Schaulustige drängeln
sich am Höhleneingang. Deren Versorgung wirft logistische Probleme
auf. Feldküchen produzieren Eintöpfe, Sanitäter versorgen
verletzte Helfer.
Phase 5:
Irgendwie erreichen die Eingeschlossenen wieder das Tageslicht und
wundern sich über die Aufregung und das große öffentliche
Interesse.
Phase 6:
Die Rettungsdienste nehmen a) Ehrungen entgegen und b) die Aufstellung
ihrer Kosten in Angriff, die die Geretteten allerdings ungern übernehmen
wollen. Das führt in der Regel zu Streit und einer schlechten Presse,
die,
Phase 7:
die Höhlenforschung und ihre Anhänger in Bausch und Bogen
und alle Ewigkeit verdammt.
Zuletzt war diese Dramaturgie lupenrein anläßlich eines Höhlen-Dramas
in der Salzgrabenhöhle am Königssee nachzulesen. Bild
titelte nach Tagen triefenden Mitgefühls:
Die Höhlenlehrer:
Jetzt beschimpfen sie die Retter.
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