Aus: LES CEVENNES(1888) und LES ABIMES(1894)


"Das Land, was die Franzosen am wenigsten besuchen ist Frankreich selbst. Wenn ein Reisender von den bekannten Wegen der Routine abweicht und etwa aus der Auvergne oder den Cevennen zurückkommt wird er gleich mit einer leicht spöttischen Fürsorglichkeit gefragt, ob er denn in diesen verlassenen Provinzen überall zu Essen und ein Dach über dem Kopf gefunden habe. Als besonders gräßlich gelten dabei die Cevennen. ...

Dort sind die Täler ebenso tief wie breit. Ihre Felswände ragen 500 Meter senkrecht in die Höhe. Die Felsen sind purpur und die Bäche glasklar. Und die Wälder sind nicht aus Bäumen sondern aus Stein. Wälder aus natürlichen Obelisken, die antike Sintfluten aus den Felsen gemeißelt haben. ...

Dabei ist all das, was jeder ohne Mühe unter der leuchtenden Sonne des Midi bewundern kann, nicht einmal das Wichtigste dieses Landstrichs. Das Eigentliche ruht in den Tiefen der Erde, weit weg vom blauen Himmel. Dort sind Naturwunder verborgen, von denen erst ein kleiner Teil zu ahnen ist: kilometerlange Höhlen mit gewaltigen Tropfsteinen. Unterirdische Flüße und Seen in einem glitzernden Bett aus Kristall. Eine schwarze verborgene Welt, die sich im Schein des Magnesiumlichts in einen Feenpalast verwandelt. Eine fantastische Szenerie, die nur darauf wartet, entdeckt zu werden."
LES CEVENNES, p.1

"Ist es nicht eine friedliche und nützliche Art von Patriotismus, wenn man die eigene Heimat nach Orten absucht, die die Masse der Besucher zu Unrecht links liegen läßt? Muß man nicht Reklame machen zugunsten unsere Landsleute, die mit all den Naturschönheiten eine Quelle des Glücks in den Händen halten ohne davon Gebrauch zu machen?

Die Schweizer sind so mit ihren wunderbaren gewaltigen Bergen verfahren und haben so Wohlstand und Fortschritt bis in die abgelegensten Täler gebracht. So müßte es auch mit dem Departement LozŠre geschehen, bei dem ein großes Unrecht wiedergutzumachen ist."

Die Karawane des "Monsieur, qui voyage pour les trous"
-"des Herren, der wegen der Löcher unterwegs ist"


"Wenn wir in die dunklen Schächte hinabstiegen bekreuzigten sich die alten Frauen und murmelten zwischen zwei Vaterunser: - Sicher kommen Sie da hinunter, verehrte Herren, aber nie wieder hinauf! Oder sogar: es gibt alle Arten von Irren!

Und Bauern fragten uns:
- Wollen Sie bei sich zu Hause auch ein solches Loch graben, daß Sie einen Plan von diesem hier brauchen?
Und die braven Landpfarrer, bei denen wir in Ermanglung von Gasthäusern oft abstiegen, nötigten uns oft ihren Segen auf." Les Abimes p.14

"Manchmal konnten wir nur unter großen Schwierigkeiten die Leute rekrutieren, die wir zur Unterstützung unserer Truppe benötigten.

Unser Material erregte allgemeines Aufsehen. Wenn wir unglücklicherweise an einem Sonntag in Aktion traten, rotteten sich ganze Dörfer am Einstieg unseres Schachtes zusammen und behinderten unsere Arbeit. Wir selbst mußten aber manchmal fast lachen Über diesen wirren Haufen von Seilen, Flaschenzügen und Winden, Leitern und Beleuchtungskörpern die wir auf kaum erkennbaren Wegen in die Berge geschafft hatten. Ganz zu schweigen von den Gerätschaften für Vermessung und Fotographie, den Kleidern zum Wechseln, den Korbflaschen voll Wein und den Picknick-Körben".

"Das ganze bedient von einem Dutzend Leute, die mit militärischer Disziplin nach den Anweisungen unserer beiden treuen Vorarbeiter Louis Armand und Emile Foulquier arbeiteten. Zuverlässig und geschickt wie Pariser Feuerwehrleute halten sie das Leben ihrer Mitmenschen in den Händen, die an einem gerade 14 Millimeter starkem Seil hingen mit manchmal 100 Metern Nichts unter sich." // LES ABIMES, p.15


Übersetzungen frei für den Nachdruck in Speläo-Zeitschriften gegen Belegexemplar und Quellenangabe (Aus: "Expedition in die Finsternis - B.Kliebhan / Videovertrieb U.KRUEGER")
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