Nach 2 Weltkriegen die Identität eines deutschen Touristen
aufzuspüren, der zur Jahrhundertwende in Kentucky eine Höhle
besuchte, ist alles andere als einfach. Zumal uns Chuck nur
wenige Anhaltspunkte mit auf den Weg geben konnte. Ein Artikel
aus der Zeitschrift "Scientific American" von 1909 mit spärlichen
Angaben zu seiner Person, das ist alles.
Immerhin: Wir wussten, dass der Gesuchte ein Berliner Ingenieur
war. Und dass er zum Studium amerikanischer Produktions- und
Bergbaumethoden in die USA gekommen war.
Der naheliegende Gedanke, in den Berliner Hochschularchiven
nachzufragen, bringt uns nicht weiter: das Archiv der ehemaligen
Berliner Bergbauakademie sei im 2. Weltkrieg verbrannt, erfahren
wir. Und bei der Technischen Hochschule sehe es ebenfalls schlecht
aus. Doch die alten Berliner Adressbücher gibt es noch auf
Mikrofilm in jeder grösseren Bibliothek.
Und tatsächlich: im Berliner Adressbuch von 1911 findet sich ein
Ingenieur namens Max Kämper. Allerdings: diese Entdeckung hilft
uns nicht weiter, denn im Berliner Landesarchiv kann man uns
nicht sagen, wohin der Gesuchte verzogen war. Alles im Krieg
verloren gegangen, teilt man uns lakonisch mit.
Den Krieg besser überstanden hat das Zentral-Archiv der
evangelischen Kirche in Berlin, doch dort stellt sich ein anderes
Problem in den Weg. Auskünfte bekommen, wegen Datenschutz, nur
die Familienangehörigen. Doch gerade die suchen wir ja.
Wir vertiefen uns erneut in die Berliner Adressbücher: Max
wohnte in der Hermannstrasse, einige Häuser entfernt lebte der
Fabrikant Heinrich Kämper, der Besitzer einer Motorenfabrik.
Ab Mitte der 20-er Jahre wohnt im Grunewald die Ingenieurswitwe
Elsbeth Kämper. Max hatte – so schien es – den 1. Weltkrieg nicht
überlebt.
20 Jahre später, Anfang der 40-er Jahre, findet sich unter
derselben Adresse der Fabrikbesitzer Heinrich Kämper.
Wir entwickeln eine Hypothese: Max, der Fabrikantensohn, reist in die USA, um Firmenkontakte zu knüpfen. Er fällt im ersten Weltkrieg. Seine Witwe nimmt mit Beginn des 2. Weltkriegs den Schwiegervater auf. Das klingt plausibel – und stellt sich doch als Sackgasse heraus. Denn nachdem wir Heinrich Kämpers Spur bis zu seinem Geburtsort Siegen zurückverfolgt haben erfahren wir dort, dass Max definitiv nicht sein Sohn war.
Wir starten einen weiteren Versuch und versenken uns noch einmal in die Adressbücher:
in der Nachbarschaft der Ingenieurswitwe Elsbeth Kämper wohnt 1931 im Grunewald die Generalswitwe Lina Kämper. Und der gesuchte Max hatte eine Beziehung zum preussischen Militär – sonst hätte er wohl kaum in der Mammoth Cave eine Halle "Moltke Dome" genannt. Glück und Zufall helfen uns weiter: einige Tage später entdeckt ein Berliner Archivar, der Gefallen an unserer Recherche gefunden hat, den Nachruf auf den Generalleutnant Hugo Kämper. "Sein einziger Sohn Max fiel 1916 an der Somme" lautet der für uns entscheidende Satz. Einige weitere glückliche Zufälle – und 9 Monate nach Beginn unserer Recherche haben den 87jährigen Sohn von Max Kämper am Telefon.
Ein Wochenende später sitzen wir im Allgäu mit Max Kämpers Familie zusammen. Von seiner Amerika-Reise anno 1907/1908 hatte die Familie gehört. Auch davon, dass er die Mammoth Cave besucht hatte. Doch welch legendäre Figur er für die amerikanischen Höhlenforscher darstellte war in der Familie unbekannt.
Immerhin: mit der Vermutung, dass Max mit dem Fabrikanten Heinrich etwas zu tun hatte lagen wir nicht falsch. Heinrich war sein Vetter. Und Frau Kämper, die Schwiegertochter von Max, weiss auch, wie es zu der Amerikareise kam:
"Er sollte ja die Firma Kämper Motoren übernehmen. Und dafür sollte er in die Welt und etwas Weitblick kriegen. Da waren wohl auch Verbindungen nach Amerika denn er hat da auch volontiert bei verschiedenen Firmen. Hat das also reingeguckt. Er sollte die grosse weite Welt sehen und was drüben gemacht wird. Geschenkt gekriegt hat er das zum Examen, die Reise, von seinen Eltern, als Belohnung."